Montag, 22. April 2013

Eine Landeskirche macht den Anfang



25. November 2012  

Noch immer wird unter bestimmten „äußersten“ Bedingungen das Kriegshandwerk bejaht. Das bedeutet aber, dass die ganze militärische Institution mitsamt dem Rüstungswettlauf, den immensen Kosten und der Versuchung, hier und dort militärisch einzugreifen, bestehen bleibt.

Die Landeskirche in Baden hat einen Anfang gemacht, die Barriere zur wirklichen Friedenskirche abzuräumen.

Die Kirchenleitung  hat den „Entwurf für ein Positionspapier zur Friedensethik Stand 3. April 2012“  veröffentlicht.

Im Folgenden Auszüge:

Vorspann

Aufgrund einer Eingabe des Kirchenbezirks Breisgau-Hochschwarzwald erteilte die Kirchenleitung Herrn Oberkirchenrat Prof. Dr. Christoph Schneider-Harpprecht den Auftrag eine Arbeitsgruppe einzuberufen, die den Entwurf eines Positionspapiers zur Friedensethik erarbeiten sollte…

Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens (Lk 1,79)

Die Eingabe des Evangelischen Kirchenbezirks Breisgau Hochschwarzwald fordert eine Neuorientierung der evangelischen Friedensethik an den biblischen Kernaussagen des christlichen Glaubens. Sie problematisiert dabei die „vorrangige Option für Gewaltfreiheit“, die den Einsatz militärischer Gewalt unter bestimmten Bedingungen legitimiert, wie sie insbesondere in der EKD-Denkschrift „Aus Gottes Frieden Leben, für gerechten Frieden sorgen“ vertreten wird. Angesichts der Erfahrung, dass in der Praxis die militärische Option z.B. in finanzieller Hinsicht deutlichen Vorrang genießt, wird gefragt, ob aus „christlicher Sicht nicht für die Gewaltfreiheit als einzige Option eingetreten werden müsste?“

Ausgangslage

In den letzten Jahren kam es in Jugoslawien, im Irak, in Afghanistan und Libyen zu militärischen Interventionen westlicher Bündnisse, teilweise unter Beteiligung der Bundeswehr. Diese werden humanitär begründet Die Ergebnisse dieser Interventionen zeigen, dass sie die menschenrechtliche Problematik nicht zu lösen vermögen, sondern eher noch verschärfen. Militärische Interventionen können die Machtverhältnisse verändern, nicht aber den Frieden bringen oder langfristig zur Verbesserung der Menschenrechte beitragen. So wurden zwar Saddam Hussein, Muammar al Gaddafi und Osama Bin Laden getötet und die Taliban von der Macht vertrieben, doch gelang es weder im Irak, in Afghanistan noch in Libyen, stabile und friedliche Verhältnisse herzustellen. Hinterfragt werden muss das Eigeninteresse der eingreifenden Nationen (Erdöl, Rohstoffe, Sicherung der eigenen Macht). Bei der Friedenskonvokation in Jamaika lehnten aus diesem Grund mehrere Vertreterinnen und Vertreter afrikanischer Staaten Militärinterventionen zum Schutz der Bevölkerung ab…

Biblische und theologische Einsichten

…Für die Beantwortung der Frage, ob Christen und Christinnen Gewalt als (letztes) Mittel rechtfertigen können, ist von Anfang an der Umgang mit dem Ethos der Bergpredigt entscheidend gewesen. Die Bergpredigt wurde von den Christen in den ersten Jahrhunderten der Kirche sehr ernst genommen. Sie waren der Meinung, die prophetische Weissagung des Micha sei nun erfüllt, als Söhne des Friedens seien die Christen berufen, die Schwerter zu Pflugscharen umzuschmieden. Die ersten Christen lehnten alle Gewalt ab und weigerten sich, in der römischen Armee Kriegsdienst zu leisten.
Nach der konstantinischen Wende wurde das Christentum Staatsreligion und die Bergpredigt zur Sonderethik für besonders berufene Christen (z.B. Mönche oder Priester). Bald traten Christen auch in die römische Armee ein und kämpften als Soldaten. Um die zerstörerische Kraft des Krieges einzudämmen, entwickelte Augustin die „Lehre vom gerechten Krieg“ (bellum iustum). Nach dieser Lehre muss die Kriegsführung bestimmte Kriterien erfüllen, um als ethisch gerechtfertigt gelten zu können. Auch vor diesem Hintergrund wurde bis weit ins 20. Jahrhundert hinein der Militärdienst von den Kirchen legitimiert oder sogar unter Verweis auf Römer 13 als „Christenpflicht“ angesehen. Die aus der Reformation hervorgegangenen historischen Friedenskirchen (z.B. Mennoniten und Quäker) haben dagegen am Prinzip der Gewaltlosigkeit festgehalten und den Kriegsdienst verweigert. Sie blieben aber mit ihrer Auffassung in der Minderheit.

Konkretionen

…Die badische Landeskirche soll darauf drängen, dass unverzüglich der Export von Kriegswaffen ohne Ausnahmen verboten wird…

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Dem Entwurf für ein Positionspapier zur Friedensethik wird eine Stellungnahme der Militärseelsorge beigefügt. Die beiden Texte sollen

  • in den Bezirkssynoden bis Ende April 2013 diskutiert werden
  •  im Juni 2013  in der Landessynode
  • der   Beschluss  über das Positionspapier der Landeskirche soll in der Herbstsynode 2013 gefasst werden

Viele werden sagen: Wenn das Projekt erst einmal in den Bezirkssynoden und in der Landessynode diskutiert wird, wird am Ende nicht viel davon übrig bleiben. Mindestens wird es bis zur Unkenntlichkeit verwässert werden.

Auf die Dauer werden aber überzeugende Argumente ihre Wirkung nicht verfehlen. Die Landeskirche in Baden kann mit ihrem Vorstoß zum Vorreiter  für ein neues Denken werden.

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